8. März: Bericht vom Frauentag 2015

Veröffentlicht am: 9. März 2015
Dieser Beitrag wurde in unserer Kategorie "Allgemein" veröffentlicht

Frauentag collageAm 7. März fand anlässlich des jährlichen Frauenkampftages am 8. März eine Kundgebung in Tübingen statt. Bei der mehrstündigen Veranstaltung auf dem Holzmarkt waren viele verschiedene Tübinger Gruppen mit Info-Tischen, Aktionen und Flyern vertreten – und so auch wir.

Obwohl Frauen in vielen gesellschaftlichen Bereichen benachteiligt werden, bekommt man am Frauenkampftag häufig die Frage gestellt, wofür man denn „heute noch“ auf die Straße gehen müsste. Zwei Genossinnen von uns griffen die Frage in ihrem kämpferischen Redebeitrag auf. Lest selbst, was sie als Antwort gegeben haben: FLYERTEXT

Susann-Witt-Stahl in Stuttgart

Am 8. März war Susann Witt-Stahl anlässlich des internationalen Frauenkampftags in Stuttgart. Bei einer Veranstaltung von DKP und DIDF hielt sie einen fundierten Vortrag über die Situation in der Ukraine, wo sie mehrere Monate als Reporterin arbeitete.

 

Hier könnt ihr unser frauenpolitisches Grußwort nachlesen:

Liebe Genossinnen und Genossen, Freundinnen und Freunde,

warum sollen wir im Jahr 2015 überhaupt noch gegen Frauenunterdrückung auf die Straße gehen? Sind Frauen in Deutschland nicht schon längst emanzipiert? Das Wahlrecht ist längst erkämpft, wir dürfen uns ausbilden lassen, studieren und – zumindest in der Theorie – alles werden, was wir wollen, ob Mechanikerin, Professorin oder Managerin. Wir werden heute nicht mehr kriminalisiert, wenn wir uns das Recht auf ein selbstbestimmtes Sexualleben außerhalb der Ehe herausnehmen. Schwangerschaftsabbrüche müssen heute nicht mehr illegal und lebensgefährlich in dunklen Hinterzimmern durchgeführt werden. Sogar das Militär, neben der Kirche eine der ältesten Männerbastionen, hat mittlerweile seine Tore für das angeblich „schwache Geschlecht“ geöffnet. Glaubt man der Image-Propaganda von Kriegsministerin Ursula von der Leyen, dann wimmelt es in der Bundeswehr geradezu von schwer bewaffneten, gut aussehenden jungen Frauen in Uniform, die Auslandseinsätze in der Kampfzone, Karriere an der Bundeswehr-Uni und kinderreiche Großfamilie spielend unter einen Hut bekommen. Und selbst die Kanzlerin, die die Kriegseinsätze dieser emanzipierten jungen Soldatinnen auf höchster Ebene plant, ist eine Frau. Gekämpft wird natürlich nicht für die Profitinteressen deutscher Banken und Konzerne, sondern für Demokratie und Frauenrechte in Afghanistan. So weit, so erfreulich.

Aber gehört dann der internationale Frauentag nicht längst auf den Müllhaufen der Geschichte? Ist die umfassende Emanzipation der Frau nicht schon lang eine soziale Wirklichkeit? Weit gefehlt! Ein kritischer Blick hinter die bunte Propagandakulisse zeigt: in Wirklichkeit sieht das Bild wesentlich düsterer aus.

Klassische Rollenbilder sind wieder auf dem Vormarsch, Alltagssexismus begegnet uns nahezu überall und auch auf dem Arbeitsmarkt ist die Situation für Frauen in der Regel deutlich schlechter als für Männer. Frauen verdienen durchschnittlich immer noch etwa 23% weniger als Männer und überdurchschnittlich viele Frauen befinden sich in prekären Arbeitsverhältnissen.

Die geringfügige Beschäftigung im Erwerbsleben wirkt sich katastrophal auf die Rente aus: Frauen erhalten im Durchschnitt 59% weniger Rente als Männer. Altersarmut und weitere Minijobs sind keine Seltenheit für Frauen,um im Alter mehr schlecht als Recht über die Runden zu kommen. Es bleibt außerdem eine traurige und schockierende Tatsache, dass jede dritte Frau weltweit in ihrem Leben Opfer einer Vergewaltigung oder sexualisierter Gewalt wird. Die Täter stammen fast immer aus dem engeren sozialen Umfeld. Häusliche Gewalt gehört für Frauen zu den statistisch größten Gesundheitsrisiken und mit zu den häufigsten Todesursachen. Mehr als genug Grund also, um sich zu wehren!

Was nützen uns Frauenquoten in Konzernvorständen und weibliche SpitzenpolitikerInnen, wenn den meisten von uns das Geld zum Leben nicht reicht, wir unsere prekären Jobs sofort wieder verlieren, wenn wir schwanger werden oder wir nach der Schwangerschaft keinen Job mehr finden, weil es weit und breit keine Kitaplätze gibt?

Die Verhältnisse sind nicht zufällig so eingerichtet, sondern sie haben System – und das Kapital hat großes Interesse daran, dass sie auch so bleiben. Im Kapitalismus sorgt die soziale Schlechterstellung der Frauen dafür, dass der Großteil der unbezahlten Reproduktionsarbeit im Haushalt auf Frauen abgewälzt wird, außerdem bringt sie Frauen als Lohndrückerinnen gegenüber ihren männlichen Kollegen in Stellung. Die kapitalistischen Verhältnisse zwingen Frauen in die ökonomische Abhängigkeit von Männern. Hier liegen nicht nur die sozialen Ursachen für die fortschreitende Prekarisierung der weiblichen Arbeiterklasse, sondern es sind eben diese Verhältnisse, die Sexismus, sexuelle Ausbeutung von Frauen und sexualisierte Gewalt hervorbringen.

Diese Unterdrückung und doppelte Ausbeutung der Frauen im Kapitalismus beruht nicht auf einer unveränderlichen Naturnotwendigkeit, wie uns bürgerlich-konservative Ideologen seit Jahrhunderten glauben machen wollen. Genau so wenig handelt es sich bei Sexismus und Frauenunterdrückung aber um ein rein ideologisches Problem, ein soziales „Konstrukt“, das man einfach „dekonstruiern“, wegkritisieren oder durch geschlechtsneutrale Sprachregelungen aus der Welt schaffen könnte, wie Teile des bürgerlich-postmodernen Feminismus behaupten.

Für uns als Kommunistinnen und Kommunisten muss klar sein, dass es sich bei den Geschlechterverhältnissen im Kapitalismus um soziale Verhältnisse handelt, die nur grundlegend geändert werden können, wenn sich die Gesellschaft grundlegend ändert. Die Geschlechterfrage kann nicht losgelöst von der sozialen Frage, nicht losgelöst von unserer revolutionären Perspektive behandelt werden. Alexandra Kollontai, Weggefährtin Lenins und eine der wichtigsten Kämpferinnen der Oktoberrevolution, hat es auf den Punkt gebracht: „Ohne Sozialismus keine Befreiung der Frau – ohne Befreiung der Frau kein Sozialismus!“

Heute trennt uns ein scheinbar unüberwindbar weiter Weg von diesem Ziel. Umso wichtiger ist es, dass wir all unsere Kraft, all unseren Kampfgeist und all unseren Mut zusammen nehmen, und uns wieder auf den Weg machen. Unsere Bewegung muss wieder stärker und jünger werden. Deshalb braucht ihr als Partei uns – den kommunistischen Jugendverband – in dem junge Menschen zu einer neuen Generation von Kämpferinnen und Kämpfern für unsere gemeinsame Sache heranwachsen. Und dazu brauchen wir euch, euren Erfahrungsschatz, euer Wissen und eure tatkräftige Unterstützung.

Es gibt keine revolutionäre Perspektive ohne eine starke und kämpferische Arbeiterbewegung. Es gibt keine revolutionäre Perspektive ohne klassenorientierte Gewerkschaften, die anstatt von den gemeinsamen Interessen sogenannter „Sozialpartner“ zu schwadronieren, konsequent das Interesse der breiten Masse der lernenden und arbeitenden Menschen vertreten. Es gibt keine revolutionäre Perspektive ohne breite Widerstandsbewegungen auf der Straße, die sich Faschismus, Krieg und den Angriffen des Kapitals auf unsere sozialen Rechte entgegenstellen. Und es gibt erst recht keine revolutionäre Perspektive ohne eine Kommunistische Partei, die stark und entschlossen genug ist, sich in diesen Kämpfen als Avantgarde zu beweisen und vom bloßen Widerstand in die Offensive überzugehen.

Und zu guter Letzt: Ohne revolutionäre Perspektive gibt es auch keine Befreiung der Frau – lasst uns also gemeinsam für die Wiedergewinnung dieser Perspektive kämpfen!

 

 

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